Folgen und Bewältigung

Folgen

Sexueller Kindesmissbrauch kann erhebliche und schwerwiegende psychische, physische, finanzielle und soziale Folgen für Betroffene und ihren weiteren Lebensverlauf haben. Dies wird der Kommission in den vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichten geschildert. Darüber hinaus haben heute erwachsene Betroffene unterschiedliche Bewältigungsstrategien entwickelt, um mit den Erfahrungen der sexuellen Gewalt zurechtzukommen.Die Folgen zeigen sich dabei u. a. im Beziehungsalltag, in der gesundheitlichen Verfassung, im Beruf und in der sozialen Einbindung der Betroffenen. Sie machen deutlich, dass das soziale Umfeld aus Familie und Freundeskreis häufig bei der Bewältigung der Gewalterfahrung eine elementare Rolle spielt. Wichtig sind darüber hinaus erreichbare und angemessene Hilfen, wie zum Beispiel Selbsthilfegruppen, Fachberatungsstellen, psychotherapeutische Institutionen und Kliniken.

Therapie und Selbsthilfegruppen

Von den insgesamt 2.032 Betroffenen und Zeitzeug*innen, die sich bis Juli 2023 bei der Kommission gemeldet haben, haben 2.329 Personen Hilfsangebote in Anspruch genommen. Manche Betroffene haben mehrere oder keine Angebote wahrgenommen.

Balkendiagramm zu Therapie, Fachberatungsstelle, Selbsthilfegruppe: Balken 1: 67%/1.560/Therapie in Anspruch genommen, Balken 2: 22%/514/Fachberatungsstelle aufgesucht, Balken 3: 11%/255/Selbsthilfegruppe besucht oder gegründet
Der Missbrauch hörte auch mit dem ‚Erwachsen-Werden‘ nicht auf.
Betroffene

Folgen von sexuellem Kindesmissbrauch im Erwachsenenalter

In den Anhörungen und schriftlichen Berichten geht es häufig auch um die berufliche Karriere. Erfolge, aber auch Probleme oder das Scheitern an der regelmäßigen Teilnahme am Arbeitsleben werden thematisiert. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang von Beeinträchtigungen im Bereich der Ausbildungs- und Berufsbiografie berichtet. Betroffene beschreiben dabei unterschiedliche Hürden in Schule, Ausbildung, Studium und Beruf. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang von Armut, prekären Arbeitsverhältnissen und Schwierigkeiten gesprochen, die Arbeit und den Alltag zu meistern. Eine Gesellschaft, die sehr auf Leistung ausgerichtet ist, stellt für Menschen mit Gewalterfahrungen ein schwerwiegendes Problem dar.

Cover des Bilanzberichts 2019

Bilanzbericht 2019

In unserem Bilanzbericht beschäftigt sich Kapitel 14 mit Folgen und Bewältigungsmustern im Erwachsenenalter. Themen sind das Überleben nach sexuellem Kindesmissbrauch, die Auslöser für die Auseinandersetzung mit der erlebten Gewalt, die Folgen im Erwachsenenalter und Wege der Bewältigung.

Projekt Elternschaft

Die eigene Elternschaft ist für einige Betroffene vor dem Hintergrund von Missbrauchserfahrungen ein wichtiges Thema. Sie reflektieren ihre Rolle als Eltern und setzen sich meist früher oder später mit den Erlebnissen aus der Kindheit oder Jugend auseinander, zum Beispiel wenn sie sich fragen, wie sie ihr Kind vor sexueller Gewalt schützen können oder es Erfahrung sexueller Gewalt macht. Das Forschungsprojekt von Prof. Dr. Barbara Kavemann zur Elternschaft geht der übergeordneten Frage nach: „Was bedeutet es, nach sexueller Gewalt in der Kindheit selbst Kinder zu haben und elterliche Verantwortung zu tragen?“

Beratungsstellen mit ihren vielfältigen, auch anonymen Angeboten, sind aus meiner Sicht wichtige Einrichtungen, die nicht immer wieder um ihr Überleben
kämpfen sollten.
Betroffene

Lebensführung nach Erfahrungen sexuellen Missbrauchs und Misshandlungen in Institutionen

Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend haben erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Biografie der betroffenen Menschen. Die Forschung hat gezeigt, dass viele Betroffene den sexuellen Missbrauch bis ins Erwachsenenalter nur schwer verarbeiten können. Es gibt aber sehr unterschiedliche Verarbeitungsformen des erlebten Unrechts und Leids. Mit dem Forschungsprojekt von Prof. Dr. Heiner Keupp wurden diese unterschiedlichen biografischen Muster der Auseinandersetzung mit den Missbrauchserfahrungen in einem Internat oder in einem Heim aufgezeigt.