Wege zu mehr Gerechtigkeit nach sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend
Sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut zu Geschlechterfragen – SoFFI F.
Das Forschungsprojekt baute auf der Studie „Erwartungen Betroffener von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend an gesellschaftliche Aufarbeitung“ auf. In den Interviews für die Studie gab es unterschiedliche Antworten auf die Frage, ob Gerechtigkeit nach dem Erleben sexueller Gewalt überhaupt möglich ist.
Auch wenn verneint wurde, dass es Gerechtigkeit geben kann, weil man die Vergangenheit nicht ungeschehen machen kann, gab es doch vielfältige Überlegungen, wie gerechtere Verhältnisse geschaffen werden könnten. Dazu gehörten u.a. die Anerkennung der eigenen Unschuld und die klare Feststellung der Schuld der Täter bzw. Täterinnen oder die Anerkennung von Leid und Unrecht durch eine konkrete Verbesserung der Lebenssituation von Menschen, die unter den Folgen der sexuellen Gewalt leiden. Bei der Verschärfung der Strafen gab es sehr gegensätzliche Positionen.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde an die Ergebnisse der Studie durch eine zweite vertiefte Auswertung angeknüpft. Folgende Fragen wurden dabei beantwortet :
- Welche Wege können aus der Sicht von Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs zu gerechteren Verhältnissen im Hier und Heute führen und wer soll dafür Verantwortung übernehmen?
- Wie sehen Betroffene den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit und was erwarten sie vom Rechtssystem? Wie sehen Vertreter*innen der Justiz die Erwartungen Betroffener an das Recht und ihre Vorstellungen von Gerechtigkeit? Kann Verständigung erreicht werden?
- Wie können Erwartungen Betroffener an gerechtere gesellschaftliche Verhältnisse z.B. in Bezug auf Entschädigungen oder gesellschaftlicher Teilhabe verwirklicht werden?
- Was hat die internationale Forschung zu der Frage ergeben, wie die sexuelle Gewalt das Verständnis von Gerechtigkeit bei Betroffenen beeinflusst?
- Welche Bedeutung hat die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit im Erleben von Gewalt in der Vergangenheit für den Schutz von Kindern und Jugendlichen heute?
Das Projekt wurde unter aktiver Beteiligung von Betroffenen durchgeführt: einerseits in Form einer festen Forschungsgruppe, die sich regelmäßig traf, die Forschungsfragen weiterentwickelte und Auswertungsschritte diskutierte und andererseits durch zusätzliche Fokusgruppen, zu denen weitere Betroffene zu bestimmten Themen eingeladen wurden.
Für das Projekt fand eine Kooperation statt mit Prof. Dr. Marianne Hester (Universität Bristol/Universität Göteborg), die zur Thematik der Gerechtigkeit aus der Perspektive von Betroffenen häuslicher Gewalt geforscht hat.
Laufzeit des Forschungsprojekts: 01.04.2020 – 31.05.2022
Das Forschungsprojekt wurde über Mittel der Kommission finanziert.
Abschlussbericht des Forschungsprojekts
In dem von der Kommission geförderten Forschungsprojekt „Wege zu mehr Gerechtigkeit nach sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend“ wurde der Frage nachgegangen, wie es für Betroffene nach der Gewalterfahrung gerechtere Lebensverhältnisse geben kann und wer dafür die Verantwortung übernehmen soll. Der Abschlussbericht legt dafür konkrete Vorschläge vor.
Barbara Kavemann
Sozialwissenschaftlerin und Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs
Weitere Forschungsprojekte von Barbara Kavemann
„Erwartungen Betroffener sexuellen Kindesmissbrauchs an die gesellschaftliche Aufarbeitung“