Die Aufarbeitung pädosexueller Positionen und Aktivitäten muss bundesweit fortgeführt werden
23.02.2024 - Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs zum Abschlussbericht „Helmut Kentlers Wirken in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe – Aufarbeitung der organisationalen Verfahren und Verantwortung des Berliner Landesjugendamtes“:
Die Aufarbeitung von Helmut Kentlers Wirken in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der Wissenschaft kann mit der heutigen Veröffentlichung des Abschlussberichts der Hildesheimer Forscher*innen nicht abgeschlossen sein. Der Bericht zeigt ein breites, weit über Berlin hinausgehendes sich gegenseitig stützendes und schützendes Netzwerk auf, das die sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche über Jahrzehnte ermöglichte. Es wird zudem deutlich, wie wirkmächtig diese Strukturen bis heute sind.
Darum ist es dringend nötig, dass alle beteiligten Akteur*innen und Institutionen hier (weiter) aufklären und aufarbeiten wie etwa Jugendämter, freie Träger der Jugendhilfe, Fachgesellschaften in der Sozialen Arbeit und den Erziehungs- sowie Sexualwissenschaften, aber auch Hochschulen, reformpädagogisch orientierte Kindertagesstätten, die Jugendgerichtshilfe, Adoptionsvermittlung oder die kirchliche Gemeinde- und Jugendarbeit. Die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) hat 2021 beschlossen, die Aufarbeitung von bundesweiten Netzwerkstrukturen, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und pädosexuelle Positionen akzeptiert und ermöglicht haben, zu unterstützen. Dieses Vorhaben muss mit weiteren konkreten Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern umgesetzt werden.
Die Ergebnisse des Berichts verdeutlichen einmal mehr, wie notwendig und wichtig es ist, auf der Grundlage eines Gesetzes die Rechte Betroffener zu stärken und die Pflicht von Institutionen zur Aufarbeitung klar zu regeln. Dazu gehört auch ein gesetzlich verankertes Recht auf Akteneinsicht. Dadurch können sowohl das geschehene Unrecht belegt als auch Täter*innen und deren Netzwerke sichtbar werden. Zu diesen Netzwerken gehörten auch Institutionen, die für ihr Versagen im Kinderschutz, dessen Folgen bis in die Gegenwart reichen, mit Hilfe der Informationen aus den Akten zur Verantwortung gezogen werden können.
Das im Koalitionsvertrag vereinbarte UBSKM-Gesetz, mit dem auch Aufarbeitung strukturell sowie in ihrer gesellschaftlichen und individuellen Bedeutung für Betroffene gestärkt werden soll, befindet sich aktuell in der Abstimmung der Ressorts der Bundesregierung und muss nun endlich auch im Kreis der Länder und Verbände diskutiert werden. Wenn wir als Gesellschaft unabhängig und umfassend aufarbeiten und Kinder und Jugendliche besser vor sexualisierter Gewalt schützen wollen, dann braucht es den politischen Willen für eine gesetzliche Grundlage.
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