Aufarbeitungskommission veranstaltet Fachtag zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in der Familie


25.01.2022 - Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs veranstaltet heute einen digitalen Fachtag zum Schwerpunkt Familie.


Gemeinsam mit Betroffenen sowie weiteren Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Praxis soll diskutiert werden, welches Interesse die Gesellschaft an der Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Familien hat und wie es gelingen kann, dass Kinder und Jugendliche in der Familie besser geschützt werden können, ohne das Recht von Familien auf Privatsphäre zu ignorieren.

Prof. Dr. Barbara Kavemann, Mitglied der Kommission:
„Kinder und Jugendliche erleiden sexualisierte Gewalt am häufigsten ausgerechnet dort, wo sie vor allem Zuneigung, Fürsorge und Schutz erleben sollten: in der Familie. Sexueller Kindesmissbrauch durch Familienmitglieder ist gekennzeichnet durch besondere emotionale Bindungen der Kinder und Jugendlichen an die Personen, durch die der Missbrauch ausgeübt wird, aber auch durch existenzielle und rechtliche Abhängigkeit. Sie können ihre Familie nicht einfach verlassen – es gibt für sie oftmals keinen Ausweg aus dem Aufwachsen mit der Gewalt. Zudem bleibt sexualisierte Gewalt durch Familienangehörige meist jahrelang unbemerkt. Das Umfeld scheut sich häufig, bei einem Verdacht tätig zu werden und sich einzumischen. Teilweise werden die Geschehnisse als interne Familienangelegenheit gesehen.“

Viele erwachsene Betroffene äußern gegenüber der Kommission den Wunsch, den erlebten Missbrauch in ihrer Familie aufzuarbeiten, sehen sich aber dabei allein gelassen. Für die Aufarbeitung dieser Gewalt gibt es noch keine Vorbilder. Die Kommission will das Anliegen der Betroffenen unterstützen und hat sich zum Ziel gesetzt, Empfehlungen für die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in Familien zu entwickeln. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten dafür geschaffen werden, Betroffene, die Übergriffe in der eigenen Familie offenlegen und für Familien, die ihre Geschichte aufarbeiten wollen, fachlich zu begleiten. Für diese Unterstützungsangebote soll der Fachtag wichtige Impulse liefern.

Die Kommission hat von Beginn ihrer Arbeit an auch den Kontext Familie in den Blick genommen. Mit dem jetzigen Fachtag knüpft sie an das vielbeachtete erste öffentliche Hearing der Kommission im Jahr 2017 und an zwei wichtige Veröffentlichungen des vergangenen Jahres an: die Studie „Sexuelle Gewalt in der Familie“ der Kommission und das Impulspapier „Tatort Familie“ des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindemissbrauchs.

Angela Marquardt, Mitglied des Betroffenenrates beim UBSKM:
„Der Tatort Familie muss von Politik und Gesellschaft vertiefend in den Blick genommen werden. Jedoch ist die politische und gesellschaftliche Abwehr sexualisierter Gewalt im Tatkontext Familie nach wie vor stark ausgeprägt.“ Der Betroffenenrat setzt sich dafür ein, sexualisierte Gewalt im Tatkontext Familie gesamtgesellschaftlich aufzuarbeiten. „Betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben schon immer das Schweigen gebrochen und ein immenses Durchhaltevermögen bewiesen. Darüber sprechen zu können, reicht allein nicht aus. Unserem Sprechen müssen Taten folgen“, fordert Marquardt.

Der Fachtag wird per Livestream auf der Internetseite der Kommission übertragen: www.aufarbeitungskommission.de/fachtag-aufarbeitung-sexueller-kindesmissbrauch-familie

 

Downloads und Links zum Kontext Familie:

Studie „Sexuelle Gewalt in der Familie. Gesellschaftliche Aufarbeitung sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von 1945 bis in die Gegenwart“. September 2021

Impulspapier „Tatort Familie. Eine Aufforderung zu Aufarbeitung, Schutz und Hilfe an die gesamte Gesellschaft“. März 2021

Informationen zur Arbeit der Aufarbeitungskommission zum Themenschwerpunkt sexueller Kindesmissbrauch in der Familie

Informationen zu den Aktivitäten des Betroffenenrats beim UBSKM auf der Themenseite zu sexualisierter Gewalt in der Familie


Pressekontakt

Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs

Kirsti Kriegel
Telefon: +49 (0)30 18555-1571
Fax: +49 (0)30 18555-4 1571
E-Mail

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