Kommission veröffentlicht Studie zu Erwartungen Betroffener sexuellen Kindesmissbrauchs an die gesellschaftliche Aufarbeitung


17.9.2019 Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat eine Studie mit dem Titel „Erwartungen Betroffener sexuellen Kindesmissbrauchs an die gesellschaftliche Aufarbeitung“ veröffentlicht.


Sie ist das Ergebnis eines dreijährigen Forschungsprojektes von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts zu Geschlechterfragen/FIVE Freiburg unter Leitung von Kommissionsmitglied Barbara Kavemann.

Im Zentrum der Studie stehen die Erwartungen Betroffener an die individuelle, institutionelle und gesellschaftliche Aufarbeitung von sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend. Es sind darin die Ergebnisse aus einer breiten Befragung Betroffener mit Hilfe von Online-Fragebögen, Interviews und Gruppendiskussionen eingeflossen.

„Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs umfasst sowohl die individuelle Bewältigung der erlebten sexuellen Gewalt als auch die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Strukturen und Bedingungen, die diese Gewalt möglich gemacht und ihre Beendigung erschwert bzw. verhindert haben. Beides steht in Zusammenhang miteinander: Die individuelle Bewältigung gelingt häufig nur, wenn eine Gesellschaft und ihre Institutionen bereit sind, sexuelle Gewalt und ihre Folgen ernst zu nehmen und Unterstützung bereitzustellen und zugänglich zu machen. Für eine Gesellschaft wiederum ist es erforderlich, Betroffene an Aufarbeitungsprozessen zu beteiligen und die Aufarbeitung an der Perspektive der Betroffenen auszurichten, um gesellschaftliches Bewusstsein zu verändern und Verbesserungen zu bewirken.“

Barbara Kavemann, Mitglied der Kommission

Folgende Fragen standen besonders im Fokus: Was bedeutet Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs? Was erwarten Betroffene von gesellschaftlicher Aufarbeitung? Wie spiegeln sich die Erwartungen in der Arbeit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs wider? Wie könnte Gerechtigkeit hergestellt werden? In den Gesprächen spielten Anerkennung, Bewältigung oder die Darstellung von Betroffenen in der Öffentlichkeit ebenfalls eine große Rolle.

Die Ergebnisse der Studie zeigen die Bedeutung von Aufarbeitung für Betroffene und Verbesserungsbedarf in vielen Bereichen. Von Gesellschaft und Politik erwarten Betroffene, dass die Bedingungen bereitgestellt werden, die sie brauchen, um sexuellen Kindesmissbrauch und dessen Folgen persönlich bewältigen zu können.

Hierzu gehören ausreichende und passende Hilfe und Therapie; eine entsprechende Qualifizierung von Fachkräften, die in Behörden über die Versorgung von Betroffenen entscheiden; ungehinderte Akteneinsicht bei der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit sowie fachlich kompetente Begleitung – nicht nur in Strafprozessen, sondern auch bei der Auseinandersetzung mit Behörden oder mit Institutionen, in denen Gewalt erlebt wurde.

Die Autorinnen und Autoren der Studie sind Prof.in Dr. Barbara Kavemann, Bianca Nagel M.A., Daniel Doll M.A. und Prof.in em. Dr. Cornelia Helfferich.

Hier können Sie die Studie und die Zusammenfassung als PDF herunterladen.


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