Workshop: Überarbeitung der Empfehlungen für institutionelle Aufarbeitungsprozesse
14.02.2025 – Die Kommission hat in Berlin einen Workshop zur Weiterentwicklung ihrer 2019 veröffentlichen Empfehlungen für die Aufarbeitung in Institutionen durchgeführt. Daran nahmen über 30 Personen teil. Betroffene und andere Expert*innen waren aus dem ganzen Land angereist, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus der Aufarbeitungspraxis, der Fachberatung und aus der Arbeit mit Archiven zusammenzubringen.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Aufarbeitungsberichte veröffentlicht und das Gesetze zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen steht unmittelbar vor dem Inkrafttreten. Daher ist es an der Zeit, die Empfehlungen hinsichtlich der bisher gewonnenen Erfahrungen und der anstehenden Aufgaben der Kommission zu überarbeiten. Institutionen aus allen gesellschaftlichen Bereichen benötigen dringend aktuelle Leitlinien, an denen sie sich orientieren können und die es zugleich gestatten, die Qualität der Aufarbeitungsbemühungen zu bewerten.
Aufarbeitung ist mehr als eine wissenschaftliche Studie, die aufklärt, was geschehen ist.
Prof. Dr. Stephan Rixen, Mitglied der Aufarbeitungskommission
Im Rahmen des Workshops wurden die Struktur der Empfehlungen und der Adressat*innenkreis ebenso diskutiert wie die Frage, wie die Leitungsverantwortlichen in Institutionen für Aufarbeitungsprozesse gewonnen werden können. Ein wichtiges Thema waren zudem die Beteiligungsstrukturen, die insbesondere die angemessene Mitwirkung von Betroffenen sexualisierter Gewalt sicherstellen können. Die Kommissionsvorsitzende Prof. Dr. Julia Gebrande moderierte den Tag. Beiträge von Prof. Dr. Heiner Keupp, Prof. Dr. Stephan Rixen und Nicole Simon führten eingangs in die zentralen Themen ein. Im Anschluss vertieften sich die Teilnehmenden in drei Kleingruppen zu möglichen Herausforderungen, die sich in den einzelnen Stadien der Aufarbeitung – bei der Initiierung eines Aufarbeitungsprozesses, der Durchführung eines Forschungsprojekts und nach der Veröffentlichung eines Berichts – stellen.
Wir dürfen die Dynamiken innerhalb der Institution nicht aus dem Blick verlieren. Sie sind getragen von Hierarchien und Macht, aber auch von Emotionen und führen immer wieder zu Widerständen gegen Aufarbeitung.
Katharina Kracht, Betroffene und Expertin für Aufarbeitung
Die Diskussionen machten deutlich: Die Empfehlungen sind so fortzuschreiben, dass Institutionen ermutigt und gefordert werden sowie ihre Widerstände abbauen, sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche aufzuarbeiten. Das setzt verlässliche Orientierung durch verständliche Leitlinien voraus, die ein flexibles Agieren in den Institutionen ermöglichen. Die Empfehlungen müssen alle wesentlichen Informationen enthalten, ohne aber alles im Detail vorzugeben. Nur so können Aufarbeitungsprozesse angepasst an die jeweiligen Verhältnisse der Institutionen vor Ort gestaltet werden. Nötig sind auch klare Vorgaben dazu, wie die Aufarbeitung nach der Veröffentlichung einer Studie, eines Gutachtens oder eines Berichtes, die die Ergebnisse einer Untersuchung der Taten in einer Institution dokumentieren, in der Institution weitergeht.
Die Beiträge der Teilnehmenden des Workshops sind eine wichtige Grundlage dafür, die Empfehlungen nun in einer praxistauglichen Weise zu überarbeiten. Die aktualisierte Auflage der Empfehlungen zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Institutionen soll nach derzeitigem Stand im Herbst 2025 veröffentlicht werden.