Statement zum Stopp des Fonds sexueller Missbrauch
04.07.2025 – Die Unabhängige Kommission des Bundes zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs kritisiert die Entscheidung des Bundesfamilienministeriums, die Antragstellung für Mittel aus dem Fonds Sexueller Missbrauch (FSM) rückwirkend zu stoppen, scharf. Der Fonds Sexueller Missbrauch hatte am 24. Juni bekannt gegeben, dass in den letzten Wochen so viele Anträge in der Geschäftsstelle eingegangen seien, dass die im Bundeshaushalt vorgesehenen Mittel nicht ausreichten, um alle eingegangenen Anträge zu bewilligen. Aus diesem Grund könnten Erstanträge ab dem 19. März 2025 nicht mehr bewilligt werden.
„Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren haben, brauchen weiterhin Unterstützung durch den Staat. Viele Betroffene haben sich auf die Aussagen der letzten Bundesregierung verlassen, dass eine Antragstellung noch bis Ende August möglich sei“, erklärte dazu die Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. Julia Gebrande. „Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag erklärt, den Fonds Sexueller Missbrauch fortführen zu wollen. Trotz dieser Signale stehen nun viele Menschen ohne die Hilfe da, mit der sie gerechnet hatten.
Bundesministerin Karin Prien hat erklärt, dass sie eine Neuaufstellung des Ergänzenden Hilfesystems bis Anfang kommenden Jahres anstrebt, um eine rechtssichere und langfristige Unterstützung für Betroffene zu ermöglichen. Das begrüßen wir. Gleichzeitig appellieren wir an die Bundestagsabgeordneten, sich im parlamentarischen Verfahren für Mittel für den Fonds Sexueller Missbrauch im Bundeshaushalt 2025 einzusetzen.“
Gemeinsam mit der Unabhängigen Beauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen wird sich die Aufarbeitungskommission dafür einsetzen, dass die Anliegen und Perspektiven der Betroffenen im weiteren Verfahren berücksichtigt werden.
Julia Gebrande
Matthias Katsch, Mitglied der Aufarbeitungskommission, ordnete die Bedeutung des FSM für Betroffene ein: „Seit die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs 2016 eingerichtet wurde, berichten uns Betroffene immer wieder auch darüber, wie ihnen auch durch den Fonds Sexueller Missbrauch Unterstützungsleistungen zuteilwurden, die ihnen bei der Bewältigung der in der Kindheit erlittenen Gewalterfahrungen enorm geholfen haben.
Dazu gehören gerade auch Unterstützungsleistungen, die es in den Regelsystemen, etwa im Gesundheitsbereich, so nicht oder nicht ausreichend gibt. Das reicht von zusätzlichen Therapiestunden, wenn die Kontingente bei den Kassen ausgeschöpft sind, bis zur Unterstützung für den Start in eine Selbstständigkeit oder das Nachholen von Bildungsabschlüssen.
In den meisten Fällen war diese Art der Hilfestellung nur möglich, weil es sich bei dem Fonds um ein relativ einfach zugängliches Hilfesystem handelt.
Der Lebensalltag vieler Betroffener ist als Folge des Missbrauchs von physischen und psychischen Belastungen geprägt. Diese Situation macht es ihnen oft unmöglich, komplizierte und bürokratische Antragsverfahren zu durchlaufen. Darum muss es weiterhin ein solches niedrigschwelliges Hilfeangebot für Betroffene geben.
Matthias Katsch