Die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs muss weiter gestärkt werden


18.03.2025 - Am 23. Februar wurde ein neuer Bundestag gewählt. Die Parteien befinden sich in Gesprächen über eine Koalition und die Bundesregierung wird neu aufgestellt. Die Kommission fordert die künftigen Regierungsparteien auf, entschiedene Schritte einzuleiten, um die Aufarbeitung weiter zu stärken. Dazu hat sie fünf Forderungen für einen Koalitionsvertrag aufgestellt, darunter ein Akteneinsichtsrecht für Betroffene und die Pflicht für Institutionen, aufzuarbeiten. Zudem muss die Kommission entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgaben ausgestattet werden.


Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs haben ein Recht darauf, dass die Gesellschaft das erlittene Unrecht anerkennt und der Staat Verantwortung dafür übernimmt, dass er sie in ihrer Kindheit und Jugend nicht ausreichend geschützt hat. Diese Verantwortung muss sich auch im Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung wiederspiegeln. Zum den im "Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen" verankerten Bestimmungen müssen daher folgende Maßnahmen umgesetzt werden, die eine umfassendere Unterstützung Betroffener und eine konsequente Aufarbeitung auf Bundesebene ermöglichen:

1. Akteneinsichtsrecht
Das Recht von Betroffenen auf individuelle Aufarbeitung muss gewährleistet sein. Betroffene sollen daher ein umfassendes Akteneinsichtsrecht erhalten. Dieses gilt nicht nur für die Akten der Kinder- und Jugendhilfe, sondern bezieht alle Bereiche mit ein, wie z.B. Schule, Sport und Kirchen und wird möglichst niedrigschwellig gewährt.

2. Initiativrecht
Aufarbeitung darf nicht nur in das Belieben von Institutionen gestellt werden, sondern ist zugleich eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe. Darum sollen Institutionen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen verpflichtet werden aufzuarbeiten. Soweit eine Institution nicht tätig wird oder sich einer unabhängigen Aufarbeitung verschließt, sollte die Kommission ein Initiativrecht erhalten, diese Pflicht einzufordern. Weiter sollte die Kommission berechtigt sein, die Qualität von Aufarbeitungsprozessen zu überprüfen. Maßgeblich sind hierbei die von ihr gemeinsam mit weiteren Expert*innen entwickelten Empfehlungen zur Aufarbeitung in Institutionen.

3. Ressourcen
Der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs des Bundes wurden mit dem Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen zusätzliche Aufgaben übertragen. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, müssen das ehrenamtlich arbeitende Gremium und sein Büro den gesetzlichen Aufgaben entsprechend zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen erhalten.

4. Zeugnisverweigerungsrecht
Im Zentrum der Arbeit der Aufarbeitungskommission stehen vertrauliche Anhörungen von Betroffenen sowie deren schriftliche Berichte. Für Betroffene sexuellen Kindesmissbrauchs ist es wichtig, sich der Kommission in einem sicheren und vertraulichen Rahmen mitteilen zu können, auch weil sich Betroffene über möglicherweise strafbare Handlungen äußern, die ggf. noch verfolgbar sind. Für die Mitglieder der Kommission und für alle Personen, die für sie vertrauliche Anhörungen durchführen, ist bislang nur eine Verschwiegenheitspflicht vorgesehen. Sie sollen zum Schutz der Betroffenen ein Zeugnisverweigerungsrecht erhalten, insbesondere in Strafverfahren.

5. Erinnerungskultur
Es müssen Formen des Erinnerns geschaffen werden und konkrete Gesten von Gesellschaft, Staat und Politik erfolgen, um erlittenes Unrecht durch sexualisierte Gewalt öffentlich anzuerkennen. Eine solche Geste könnte zum Beispiel eine öffentliche Veranstaltung und Entschuldigung im Deutschen Bundestag darstellen, wie dies international in Australien, Kanada, Österreich und der Schweiz geschehen ist.


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